Von Beginn an verwundbar: Wie frühe Traumata das Nervensystem prägen und warum manche Menschen sich im Leben dauerhaft unsicher und bedroht fühlen

Die Prägung des Nervensystems beginnt bereits im Mutterleib. Ab der dritten Schwangerschaftswoche formen sich die ersten Strukturen. Ist die Mutter während der Schwangerschaft starkem Stress ausgesetzt, hat das direkte Auswirkungen auf das Nervensystem ihres ungeborenen Kindes.

 

Gerade in der Schwangerschaft und frühen Kindheit ist das Nervensystem besonders formbar und anfällig für äußere Einflüsse. Dauerhafter Stress, zum Beispiel durch traumatische Erlebnisse, hinterlässt tiefe Spuren und beeinflusst das weitere Leben entscheidend.

 

Um zu verstehen, wie sich Traumata auf das Nervensystem auswirken, möchte ich zunächst die grundlegende Struktur des Nervensystems vereinfacht erklären.

 

Das Nervensystem gliedert sich in das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und das periphere Nervensystem. Letzteres unterteilt sich weiter in:

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  • Das somatische Nervensystem Es steuert bewusste Bewegungen und überträgt sensorische Informationen, wie das Tasten und Sehen.
  • Das autonome Nervensystem Es besteht aus Sympathikus und Parasympathikus und regelt unbewusste Funktionen wie Herzschlag, Atmung und Verdauung.
Das Nervensystem agiert autonom und verfolgt das Hauptziel, unser Überleben zu sichern – ein vollkommen natürlicher Vorgang. Wenn Menschen verstehen, dass viele ihrer Reaktionen auf Stress unbewusst und durch das Nervensystem gesteuert sind, fällt es ihnen oft leichter, sich nicht selbst zu verurteilen. Symptome wie Depressionen, Ängste, Süchte oder Zwangshandlungen können Ausdruck eines übersteuerten und dysregulierten Nervensystems sein. Bei anhaltendem Stresserleben geraten sowohl der Sympathikus als auch der Parasympathikus aus dem Gleichgewicht:
  • Der Sympathikus stellt in Stresssituationen Überlebensenergie für Bindungssuche, Kampf oder Flucht bereit.
  • Wird ein Kind in einer Stresssituation liebevoll aufgefangen und beruhigt (wenn seine Bindungssuche erfolgreich beantwortet wird), reguliert sich das Nervensystem wieder in einen entspannten Zustand. So entsteht ein tiefes Gefühl von Sicherheit.
Wenn Menschen verstehen, dass viele ihrer Reaktionen auf Stress unbewusst und durch das Nervensystem gesteuert sind, fällt es ihnen oft leichter, sich nicht selbst zu verurteilen. Symptome wie Depressionen, Ängste, Süchte oder Zwangshandlungen können Ausdruck eines übersteuerten und dysregulierten Nervensystems sein. Das Verständnis dieser Mechanismen hilft dabei, aus der Selbstverurteilung herauszutreten und zu erkennen, dass viele Reaktionen des Körpers auf unbewusste Überlebensstrategien zurückgehen. Wenn wir verstehen, dass viele unserer emotionalen Reaktionen und Verhaltensmuster auf frühkindlichen Prägungen basieren, können wir Mitgefühl für uns selbst entwickeln und den Weg in Richtung innerer Sicherheit und Stabilität einschlagen. Coaching und therapeutische Unterstützung können dabei helfen, diese Muster zu erkennen, zu verarbeiten und zu verändern – für ein Leben mit mehr emotionaler Freiheit und weniger innerem Stress.